Josefine

Josefine, meist Jojo genannt, kam im Frühjahr 1990 als sogenannte "Wegwerfkatze" zu uns. Mein Mann werkelte hinter dem Haus am Auto rum, als er plötzlich eine Katze bemerkte, die völlig konfus die Strasse hin und her lief. Sie war derart durcheinander, dass die Vermutung nahe lag, dass sie aus einem (fahrendem) Auto dort heraus geworfen wurde.

Da wir bereits 3 Katzen und 1 Hund hatten, baten wir meine Schwiegermutter, die im gleichen Haus wohnte, die Katze aufzunehmen. Nach kurzer Zeit bemerkten wir, dass Jojo sich das Fell am Hals ausriss und die Haut blutig kratzte. Also auf zum Tierarzt, der uns eine Salbe mit gab. Leider half diese Salbe nicht, wir waren noch 2 mal bei dem Tierarzt, als dieser allen Ernstes vorschlug Jojo einzuschläfern. Ok, sie sah wirklich wie ein gerupftes Huhn aus, aber es musste doch eine erfolgreiche Behandlung geben? Also Katze eingepackt und zu einer großen Tierklinik gefahren. Die Katze wurde gründlich untersucht und uns mit den Worten "hier haben sie ihre Mama" nach einiger Zeit wieder in die Hände gedrückt. Es dauerte einen Moment, bis bei mir der Groschen fiel ;-)

Jojos Hautkrankheit stellte sich als eine seltene allergische Reaktion auf die Trächtigkeit heraus, welche nach der Geburt der Jungen verschwand. Soviel zu der Meinung des 1. Tierarztes, der meinte, es wäre für die Katze besser sie zu erlösen.

Mittlerweile war meine Schwiegermutter immer weniger begeistert die Katze zu behalten. Allein die Vorstellung, dass diese während der Geburt viell. ihre Teppiche oder Möbel beschmutzen könnte...

Also siedelte Jojo doch zu uns über und kam sogleich mit den anderen Hausgenossen gut klar. Der Tag der Geburt rückte näher, ein ruhiger, versteckter Ort für die Wurfkiste war vorbereitet – und wie so oft im Leben setzten die Wehen spätabends ein, wenn die Ärzte Feierabend haben. Wir bemerkten bald, dass es Komplikationen gab, die eingesetzte Geburt ging nicht weiter voran und die Katze hatte große Schmerzen. Wir also wieder zur Tierklinik gefahren – die Fahrt von 20 min kam mir endlos vor. Die diensthabende Tierärztin sah sich Jojo kurz an und bat uns im Wartezimmer zu warten, sie hätte noch einen anderen Patientin. Na toll, die Katze hatte große Schmerzen und schrie. Wir warteten, bis mir bei dem Geschrei der Kragen platzte und ich darauf bestand, dass Jojo SOFORT behandelt wird. Das Junge steckte fest, selbst mit der Geburtszange war es nicht heraus zu holen. Es war schrecklich und Jojo schrie und schrie. Endlich fasste die noch junge und mit der Situation leicht überfordert wirkende Ärztin einen Entschluss, Jojo sollte einen Kaiserschnitt bekommen. Es dauerte noch eine Zeit, bis der angepiepte Anästhesist eintraf und endlich wurde Jojo geholfen. Das 1. Baby wurde geholt und uns in die Hände gedrückt, wir müssen es zwischen den Fingern rubbeln wurde uns gezeigt. Zum einen sollte es warm gehalten werden und der durch die Narkose angegriffene Kreislauf stabilisiert werden. Das 2. Baby wurde uns in die Hände gedrückt, während die Ärztin wieder in  den OP hetzte. Und wir saßen mitten in der Nacht in der Empfangshalle einer Tierklinik auf dem Fußboden und rubbelten besorgt die 2 Winzlinge. Das 3. Baby (Caruso) kam auf die Welt, während der Erstgeborene es nicht geschafft hatte, er starb in unseren Händen. Die Nacht neigte sich dem Ende und wir fuhren mit einer noch bewusstlosen Mutterkatze und 2 Winzlingen nach Hause. Bereits am Morgen nuckelten die beiden Katerchen an Jojos Milchbar, trotz ihrer Kaiserschnittnarbe. Sie lag ziemlich erledigt in ihrem Korb, ihre Lieblingsspeise gekochtes Hühnchen erweckte aber bald ihre Lebensgeister.  

Meist bevorzugen Katzenmütter ruhige, versteckte Orte für ihre Jungen, nicht aber so unsere Jojo. Sie suchte sich einen Platz, mitten im Geschehen. Jeder Besucher der kam wurde freudig begrüßt und stolz ihre Babys gezeigt. Nie hat sie geknurrt oder gefaucht, wenn jemand sich ihren Jungen näherte. Wollte sie sich etwas von ihren Mutterpflichten erholen, so trug sie die Jungen zu unserem Hund, ein für sie geeigneter Babysitter. Die Wochen vergingen, Franziskus und Caruso gediehen prächtig. Dann kam der Tag für Jojo sich von ihrem eigentlichen Liebling Franziskus zu trennen, er fand bei meiner Schwägerin sein zu Hause, während Caruso, damals schon das Sensibelchen bei uns blieb.  

Jojo war ein regelrechter Hans-Dampf. Immer in Bewegung, keine Zeit beim bürsten oder streicheln still zu sitzen. Mit ihren nur 3 kg und ihrer Energie wirkte sie selbst im Alter noch recht jugendlich. Sie war immer eine liebenswerte, zu Anfang aber noch recht tollpatschige Katze. Sie fiel ins Spülwasser, von der Fensterbank, vom Wannenrand und eines Tages fast vom Laufbalken der vom Schrank abging. Sie konnte sich noch halten und entwickelte später aus dieser Ungeschicklichkeit ein unglaubliches Spiel. Sie warf sich bewusst mit allen vier Pfoten an den Balken, hing kopfüber und robbte bis zum Balkenende, hangelte sich dort auf den Balken und schaute beifallhaschend in die Runde.

Gesundheitlich war Jojo all die Jahre topfit, viell. auf Grund ihres täglichen Fitnessprogramms ;-) Als sie etwa 9 oder 10 J. war, erschrak ich fürchterlich. Sie röchelte, krampfte leicht, spuckte Schaum. Ich flugs ab zum Tierarzt, sie bekam eine Spritze und ihr Zustand besserte sich. Einige Wochen am Weihnachtstag das gleiche, wieder in rasender Eile zum Arzt. Er meinte, das sehe ganz nach einer Vergiftung aus. Wie sich rausstellte hatte Jojo im Alter eine Thunfisch-Allergie bekommen. Ich überlegte – ja beim 1. Mal gab es als besonderes Leckerchen Thunfisch und als Weihnachtsessen für alle eine große Portion.  

Kurz nach diesem Schreck erkrankte Jojo, es wurde eine Herzrhythmusstörung festgestellt. Mit der täglich brav geschluckten Herztablette ging es ihr jedoch gut, sie war zwar ruhiger geworden, wirkte aber soweit ok. Bis zum 30.11.2001.

Jojo wollte trotz des ungemütlichen Wetters auf den Balkon, hockte allerdings auf dem Boden auf der Fußmatte. Mich beschlich ein ungutes Gefühl, viell. eine Vorahnung. Ich schaute nach ihr, sie sprang auf, schrie schmerzerfüllt und raste in die Küche. Ihr Schreien wurde immer lauter, sie zuckte ... ich wollt in meine Schuhe springen, mit ihr zum Arzt rasen - dann wieder ein Blick zu  ihr und ich wusste das schaffen wir nicht mehr. So hockte ich mich zu ihr, streichelte ihren  zuckenden und krampfenden Körper, ihr Schreien wurde leiser - dann war es still und sie hatte den Todeskampf geschafft. Es dauerte wohl nur wenige Minuten, doch kam mir der Kampf endlos vor. Ich fühlte mich so hilflos und war die nächsten Wochen völlig fertig. Nicht nur das ich Jojo verloren hatte, ihren Todeskampf mit ansehen musste – im gleichen Monat, am 2.11. musste ich Sarah einschläfern lassen.

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