Tim
Im Juni
1987 bekam ich einen Anruf vom hiesigen Katzenschutzbund, bei dem ich damals
noch tätig war. Ob ich Platz hätte einen Babykater in Pflege zu nehmen. Ich
hatte und so fuhr ich los den Kater abzuholen. Er war in einem Keller hinter
einer Waschmaschine eingeklemmt, seine Mutter bekam ihn wohl nicht mehr
befreit und ließ das Kerlchen zurück. Als Andenken behielt er Zeit seines
Lebens am äußersten Schwanzende einen nicht sichtbaren aber fühlbaren
Knick. Der Kater war winzig, er
hatte die Augen nicht mal richtig auf, er war schätzungsweise 1 Woche.
In der folgenden Zeit hielt dieser Winzling uns rund um die Uhr auf Trab. Alle
2 Std. brauchte er sein Fläschchen. So saß ich also des Nachts oft im
Halbschlaf auf dem Sofa, Katerchen im Arm, er saugte ein paar mal kräftig,
schon war das Fläschchen leer er aber noch nicht bereit die Flasche
abzugeben. Also durfte er noch ein wenig nachnuckeln, dann gab es die Bäuchleinmassage,
noch mal ins Kistchen setzen und dann zurück ins Körbchen gebettet, mitsamt
Stoffhasen und Wärmeflasche. Dann war wieder für 2 Std. Ruhe;-)
Nach
einigen Wochen, unser Katerchen war prächtig gediehen, kam der Anruf vom
Katzschutzbund. Der Kater sei nun alt genug um vermittelt werden zu können,
wann man jemand vorbei schicken könne. Wie bitte??? Unseren Tim vermitteln?
Da hatte ich wohl verdrängt, dass er nur zur Pflege war;-) Aber das konnte
man ändern, ich sagte Tim bleibt bei uns – basta *g*
Obwohl
Tim nichts von seiner Mutter lernen konnte und Sarah Anfangs eher zickig war
und nicht grad eine Ziehmama spielte, entwickelte Tim sich zu einem gut
sozialisiertem Kater. Von all den Katzen war er auch der "normalste"
Er war furchtlos, saß sogar während es gewitterte auf dem Balkon, wobei die
anderen sich beim 1. Donner sogleich unters Bett verkrochen. Des weiteren war
er auch der Cleverste, er öffnete Türen, sämtliche Schubladen in der Küche
und hatte eine Technik entwickelt Trockenfutterpackungen zu öffnen. Das war
jedes Mal ein Schauspiel wenn er an seiner Tüte ackerte, während die
anderen, vor allem "Dumpfbacke" Sarah immer wichtig tuend dabei saßen.
Unübertroffen
war aber sein Hypnose-Blick. Während die anderen Katzen um einen rumwuselten
weil sie irgendetwas wollten, saß Tim abseits, oftmals gar nicht im
Blickwinkel und schaute stumm. Diesen Blick konnte man förmlich spüren,
dieser Blick zwang einen regelrecht aufzustehen und zu schauen, was der Herr
wollte.
Tim kam
mit allen im Haushalt gut aus, ob Katze, Hund oder Mensch. Besucher
betrachtete er zwar interessiert aber etwas distanziert.
Zu Sarah hatte er eine besonders enge Beziehung und sie zu ihm. Noch
immer hab ich das Bild vor Augen, wenn die Beiden ihr tägliches Ritual
spielten. Dabei nahm Sarah Tim in den Schwitzkasten und putzte ihm den Kopf,
also eine wilde Mischung aus raufen und gleichzeitigem schmusen. Tim war
meistens ein absolut liebenswerter Kater, außer wenn er frühmorgens
Langeweile hatte. Da seine normalen Weckversuche erfolglos blieben,
entwickelte unser Einstein eine neue Technik. Er sprang auf den Tisch und stieß
immer gegen die Hängelampe, die dann völlig nervende Geräusche von sich gab
und mein Nervenkostüm jedes Mal strapazierte. Zum Glück fand Tim dann
irgendwann kein Interesse mehr an diesem morgendlichen Weckübungen, oder ihm
ging mein Geschimpfe auf den Keks *g*.
Tim war
also vom morgendlichen Weckritual abgesehen ein unkomplizierter Kater. Auch
gesundheitlich, abgesehen von ein paar Zahnproblemchen. Einen Winterabend
aber, er kam vom Balkon ins Wohnzimmer, lief 3 Schritte und fiel wie tot um.
Ich bekam einen Riesenschreck, bemerkte dann dass Tim zum Glück nur ohnmächtig
war. Ob es viell. an dem Temperaturunterschied lag? Aber das geschah doch fast
täglich im Winter, da Tim stets auf den Balkon ging. Wir fanden es nie
heraus. Etwa ein halbes Jahr später brach bei ihm FIP aus, die feuchte
Bauchwassersucht. Sein Bauch war dick wie ein Ballon, er wurde immer stiller
und interessierte sich nicht mehr wirklich für etwas. Der letzte gemeinsame
Gang zum Tierarzt war unausweichlich.
Wieso
er als Wohnungskater mit 11 Jahren an FIP erkrankte? Wahrscheinlich hatte er
sich bereits bei seiner Mutter infiziert und die Krankheit brach erst nach all
den Jahren aus. Zum Glück brach bei keiner anderen Katze FIP aus, jedoch
vermisste Sarah Tim so sehr, dass sie regelrecht einen Altersknacks bekam. Sie
lebte zwar noch einige Jahre, war aber nicht mehr die Sarah wie vor Tims Tod.
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